Mittwoch, 30. März 2011

Seit Fukushima ist vieles anders...

Mahnwache vor dem Kanzleramt
Als am 11. März die ersten Schreckensnachrichten aus Japan bekannt wurden, ahnte noch niemand, welches Ausmaß diese Katastrophe erreichen würde. Erneut hatten Erdbeben und Tsunami großes Leid über ein Land gebracht. Als dann die ersten Meldungen über ein beschädigtes Atomkraftwerk durch die Medien gingen, lief es mir eiskalt den Rücken runter. Erinnerungen an Tschernobyl wurden wach. Was würde dieses Mal passieren? Jeden Tag verfolgte ich die Nachrichten, googelte viel, versuchte ständig, soviel wie möglich über die Geschehnisse in Fukushima zu erfahren. Schnell wurde mir klar, dass über unsere Medien nur gefilterte, reißerisch aufgemachte und immer wieder widersprüchliche Informationen zu bekommen waren. Und doch ahnte ich schon recht früh, dass hier eine Tragödie ungeahnten Ausmaßes ihren Lauf nehmen könnte.

Atomausstieg mit Augenmass?
Bei Tschernobyl war niemand sonderlich überrascht. Alte Technik, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen, usw. waren Schuld. Also Ursachen für einen GAU, die in einem hoch industrialisierten Land nicht vorkommen würden. Dachte man. Bis zum 11. März, der mit einem Schlag deutlich machte, dass es in jedem Land mit Atomkraftwerken zu einer nuklearen Katastrophe kommen kann, dass es die 100%ige Sicherheit einfach nicht gibt.
Und während ich weiterhin die Nachrichten aus Japan verfolgte, mischte sich immer mehr Zorn in meine Betroffenheit. Zorn über die intransparente Informationspolitik, über das Beschwichtigen und Verharmlosen durch die Verantwortlichen, über die Reaktionen in unserer Regierung, - und natürlich darüber, dass der GAU überhaupt passieren konnte. Und so ging ich am 14.03.11 zum ersten Mal zu einer Mahnwache vor dem Bundeskanzleramt. Spontan, gleich nach der Arbeit, mit einer provisorisch ausgedruckten und mit einer Büroklammer an der Jacke befestigten Sonne: "Atomkraft? Nein danke!".
Prof. Dr. Hubert Weiger, Vors. B.U.N.D.
Ich war erstaunt, wer alles da war. Wowereit, Gabriel, Trittin, Künast, Roth, Gysi, Lötzsch, usw., die ganze Politprominenz der Opposition war versammelt und jede Partei hat ihr Statement abgegeben. Ich lauschte mit gemischten Gefühlen. Parteipolitik auf Kosten einer Katastrophe ist nicht mein Ding.


Trotzdem sprach mir vieles aus dem Herzen und am 21.03.11 war ich erneut bei der Mahnwache vor dem Kanzleramt. Dieses Mal mit ersten Insignien (Button, T-Shirt + Fahne mit der Anti-Atomkraft-Sonne), auch die kleine Kamera war jetzt dabei. An dem Tag sprachen Vertreter verschiedener Organisationen, u.a. der Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz e.V. (B.U.N.D.). Es wurde erneut auf die Großdemo am Samstag, den 26.03.11, hingewiesen. Für mich stand eh schon fest, dass ich auch dort teilnehmen würde.

26.03.11: Großdemo (ca. 250.000) in Deutschland, über 100.000 in Berlin
Was für ein Theater!

Sammeln am Potsdamer Platz
Als Studentin hatte ich in Brokdorf demonstriert und nun - 35 Jahre später - stand ich wieder auf der Straße, um gegen Atomkraftwerke zu demonstrieren. Was war nur in der Zwischenzeit passiert? Trotz Harrisburg und Tschernobyl? Warum war ich jetzt erst wieder aus meinem Dornröschenschlaf erwacht? Ich weiß es nicht. Vielleicht war es eine gehörige Portion Politikverdrossenheit, die mich all die Jahre - bis auf eine Demo gegen den Irakkrieg - meist passiv die Geschehnisse in aller Welt verfolgen ließ. Aber jetzt bin ich froh, endlich wieder wach zu sein. Und endlich wieder aktiv etwas für meine Überzeugung zu tun. Und natürlich habe ich mich gefreut, am Samstag auf der Großdemo mit einer Arbeitskollegin teilnehmen zu können (danke, Made!). Inzwischen ist auch der längst überfällige Abschied von Vattenfall erfolgt, hin zu Naturstrom.
Auch die Ärzte waren dabei
AKW-Gegner aus Italien

Auf dem Weg zum Brandenburger Tor
Rückweg durch den Tiergarten
Die Wahl in NRW habe ich mit großer Spannung verfolgt. Wow - wer hätte gedacht, dass auch die Schwaben langsam umdenken. Hoffentlich war das kein Strohfeuer und der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland macht seine Sache richtig gut. Zutrauen würde ich das dem ruhigen und pragmatischen Kretschmann. Das alles lässt mich wieder hoffen, ein klein wenig zumindest.
Aber es verdrängt nicht die Sorge um die Geschehnisse in Fukushima, wo das endgültige Ausmaß der atomaren Katastrophe wohl erst in vielen Monaten absehbar sein wird.

Empfehlenswerte Seiten zum Thema:
http://www.ausgestrahlt.de/ (die größte Seite der Anti-Atomkraft-Bewegung)
www.contratom.de/ (Nachrichten, Infos, Hintergründe) 
www.atomausstieg-selber-machen.de/ (Stromanbieterwechsel leicht gemacht)